PROJEKTRECHERCHE - Digital Frames- Abbild & Reproduktion als zirkulierender Prozess
Die Recherche wurde 2020/21 in Kollaboration mit der Motion Bank und der Tänzerin Adaya Berkovich durchgeführt.
Die Projektrecherche Digital Frames setzt sich aufbauend auf dem Interesse von THREADS OF PIECES OF DANCES mit dem zirkulierenden Prozess von digitalen Abbildern auseinander und untersucht, wie Digital Frames methodisch für den kreativen, choreographischen Prozess genutzt werden können. Dazu nutzt die Recherche als materielle Grundlage, wie auch die anderen Teilprojekte, das in Kooperation mit der Motion Bank entstandene Digitalisat der 45-minütigen Duett-Choreographie Will I dream during the process?.
Begriffsherleitungen
Anhand von Prinzipien der Traduktion, der Funktionsweise von Daten und dem Vorgang des Prozesseirens näherte sich die, gemeinsam mit der Tänzerin Adaya Berkovich 2020 durchgeführte Projektrecherche, den Handwerkzeugen des Digitalen an, um sie anschließend für den kreativen Prozess zu nutzen. Der folgende Text gibt Einblicke in unseren Prozess, Klärungen zu Begriffsherkünften und methodischen Herangehensweisen.
Funktionsweise von Daten
Daten bezeichnen den Plural von Datum. Der Begriff hat seinen Ursprung im Lateinischen dare , „etwas Gegebenes" und beschreibt somit faktisches Wissen. Während Daten umgangssprachlich Gegebenheiten, Tatsachen oder Ereignisse beschreiben, bedeuten sie fachsprachlich Zeichen, die Information darstellen und die dem Zweck der Verarbeitung dienen. Gemäß der Terminologie der geltenden Norm des internationalen Technologiestandards sind Daten „eine wieder interpretierbare Darstellung von Information in formalisierter Art, geeignet zur Kommunikation, Interpretation oder Verarbeitung"[1]. Der Begriff weist eine große Flexibilität auf und hat sich im Laufe der Entwicklung der Informationstechnologie immer wieder verändert und angepasst. Auch in der Philosophie gibt es zahlreiche Versuche sich dem Begriff anzunähern, dort wird die Ungleichheit von Daten zur deren zentraler Definition: Unterschiede in der Wirklichkeit, der Wahrnehmung physikalischer Zustände, zwischen Symbolen. Vereinfacht weist das darauf hin, dass Zeichen nie einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben können und auch vermeintlich „faktisches" vielfach interpretierbar ist. [2]
Auch das Digitalisat der 45-minütigen Choreographie weist verschiedene Darstellungsweisen von Informationen auf, die weiter verarbeitet, interpretiert und kommuniziert werden können. Im Beispiel unten sehen wir dieselben Bewegungswege der beiden Tänzerinnen aus der Vogelperspektive, einmal mit verschiedenfarbigen Linien nachgezeichnet und ein andermal mit einer Linie zwischen den Hüften der beiden Tänzerinnen, der den Abstand der beiden zueinander abbildet:
Begriffsherleitungen
Anhand von Prinzipien der Traduktion, der Funktionsweise von Daten und dem Vorgang des Prozesseirens näherte sich die, gemeinsam mit der Tänzerin Adaya Berkovich 2020 durchgeführte Projektrecherche, den Handwerkzeugen des Digitalen an, um sie anschließend für den kreativen Prozess zu nutzen. Der folgende Text gibt Einblicke in unseren Prozess, Klärungen zu Begriffsherkünften und methodischen Herangehensweisen.
Funktionsweise von Daten
Daten bezeichnen den Plural von Datum. Der Begriff hat seinen Ursprung im Lateinischen dare , „etwas Gegebenes" und beschreibt somit faktisches Wissen. Während Daten umgangssprachlich Gegebenheiten, Tatsachen oder Ereignisse beschreiben, bedeuten sie fachsprachlich Zeichen, die Information darstellen und die dem Zweck der Verarbeitung dienen. Gemäß der Terminologie der geltenden Norm des internationalen Technologiestandards sind Daten „eine wieder interpretierbare Darstellung von Information in formalisierter Art, geeignet zur Kommunikation, Interpretation oder Verarbeitung"[1]. Der Begriff weist eine große Flexibilität auf und hat sich im Laufe der Entwicklung der Informationstechnologie immer wieder verändert und angepasst. Auch in der Philosophie gibt es zahlreiche Versuche sich dem Begriff anzunähern, dort wird die Ungleichheit von Daten zur deren zentraler Definition: Unterschiede in der Wirklichkeit, der Wahrnehmung physikalischer Zustände, zwischen Symbolen. Vereinfacht weist das darauf hin, dass Zeichen nie einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben können und auch vermeintlich „faktisches" vielfach interpretierbar ist. [2]
Auch das Digitalisat der 45-minütigen Choreographie weist verschiedene Darstellungsweisen von Informationen auf, die weiter verarbeitet, interpretiert und kommuniziert werden können. Im Beispiel unten sehen wir dieselben Bewegungswege der beiden Tänzerinnen aus der Vogelperspektive, einmal mit verschiedenfarbigen Linien nachgezeichnet und ein andermal mit einer Linie zwischen den Hüften der beiden Tänzerinnen, der den Abstand der beiden zueinander abbildet:
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Die Speicherung von Daten erfolgt auf Datenspeichern. Diese Datenträger gelten als Hardware, während die auf/in ihnen enthaltenen Daten als „immaterielles Gut“ zu verstehen sind. Die Form der Darstellung von Daten nennt man Kodierung, die Menge der dabei möglichen Zeichen nennt man Codealphabet. Daten können unterschiedlich kodiert sein, d. h. in unterschiedlichen Codes notieren, aber dennoch die gleiche Information repräsentieren. Aus ihnen können Summen, Kopien oder andere Konstrukte gebildet und abgeleitet werden. Die Kodierung von Daten und dessen Codealphabet können auch als einzelne Zeichen, wie wir sie aus dem Sprachgebrauch kennen, interpretiert werden. Das zusammensetzen von Zeichen, das „Schreiben“ im poststrukturalistischen Sinne, besteht aus „Iterationen" (Verdoppelungen von Silben oder Worten), Wiederholungen und Zitaten. „Jedes Zeichen, sprachlich oder nicht-sprachlich, gesprochen oder geschrieben, in kleinen oder großen Einheiten, kann zitiert werden, zwischen Anführungszeichen gesetzt werden; dabei kann es mit jedem gegebenen Kontext brechen und eine Unendlichkeit neuer Kontexte auf eine Art und Weise hervorbringen, die absolut unendlich ist.“ [3]
Diese Unendlichkeit von Zitiermöglichkeiten von in Daten gespeicherter Information greift das Potenzial auf, mit welchem sich die Projektrecherche beschäftigt. Wir bezogen uns auf die digitalisierte Choreographie als unseren Datencorpus und griffen die Funktionsweise von Daten, ihre unterschiedlichen Darstellungsmöglichkeiten von Information und dessen Spielräume zur Kommunikations- und Interpretationsfähigkeit auf und versuchten den Körper selbst als 'Datenspeicher' und Prozessor zu verstehen.
Vorgang des Prozessierens
Der Übersetzungsprozess – die 45-minütigen Duett-Choreographie Will I dream during the process? zu digitalisieren und sie im Anschluss anhand von Digital Frames weiter zu modifizieren – greift dabei auf die Grundfunktion des Digitalen zurück: dem Übertragen, Speichern und Prozessieren. Der Umweg über das Digitale ermöglicht es, die Infinität von Zirkulation und Restrukturierungsmöglichkeiten aufzufalten. Der Bildschirm wird zur Spielwiese, zum generativen Kreislauf von Destruktion, Modifikation und Neukonstruktion. Im Spiel mit dem Datensatz wird die Struktur und Anordnung des Datensatzes unterlaufen, ihr Rahmen und damit die etablierte Ordnung der Dinge wird aufgelöst. Damit nutzt die Projektrecherche die Potenzialität und Gestaltungsmöglichkeiten des Digitalen, um diese danach zurück in den analogen Raum zu bringen. Die Nutzungsmöglichkeiten, Techniken und daraus resultierenden Ästhetiken spiegeln sich dabei in der künstlerischen Umsetzung wider.
Das Prinzip der Traduktion
Das Wort tradieren leitet sich aus dem lateinischen trādere – von Hand zu Hand, mündlich oder schriftlich weitergeben, übereignen, überliefern, aufzeichnen ab. Die Etymologie des Wortes trādere entlehnt sich von Tradition -Überlieferung, Herkommen, Gewohnheit, Brauch, Gepflogenheit, überkommene, weitergegebene Meinung. Tradieren bedeutet also das Überliefern, etwas Überliefertes weiterführen und weitergeben.[4] Das Prinzip der Traduktion beschreibt dabei eine Weitergabe von Material, die aber immer auch eine Neukombination und Anreicherung desselben bedeutet und nie nur ein "einfaches" Weiterreichen ohne Veränderungen beschreibt und für unseren kollektiven Kreationsprozess genutzt wird.
Methodisch-choreographische Umsetzung
Die Koordinaten der erstellten Daten – sie drücken Aspekte wie die räumliche Lage, die Bewegung der einzelnen Körperteile, ihre Geschwindigkeit und ihren Rhythmus aus – dienen als Eckpfeiler für die Rück-Übersetzung und Entstehung des neuen tänzerischen Materials. Spannend dabei ist zu sehen, wie sich das choreographische Material von „Will I dream during the Process?“ zuerst in aufgezeichnete digitalen Daten übersetzt hat und im nächsten Schritt zurück in den analogen Raum übersetzt wird und dadurch neue Formen annimmt. Dabei konnte ich zum einen erkennen wie sich Strukturen der 'ursprünglichen' Choreographie durch die Übersetzungsprozesses zwar morphen, dabei aber immer noch wiedererkennbar sind. Jedoch auf der anderen Seite wurden die Daten auf so abstrakte Weise wieder in den analogen Körper übersetzt, das sich völlig neues choreographisches Material daraus generieren lies.
Durch Collagierung von einzelnen Datensätzen, beispielsweise einer Collage aus unterschiedlichen Szenen ein und derselben Datenaufzeichnung, wie die Neigung der Wirbelsäule oder der Bewegung der Füße, konnten sich neue choreographische Strukturen ergeben. Das Beispiel unten zeigt eine solche Collagierung:
Die Speicherung von Daten erfolgt auf Datenspeichern. Diese Datenträger gelten als Hardware, während die auf/in ihnen enthaltenen Daten als „immaterielles Gut“ zu verstehen sind. Die Form der Darstellung von Daten nennt man Kodierung, die Menge der dabei möglichen Zeichen nennt man Codealphabet. Daten können unterschiedlich kodiert sein, d. h. in unterschiedlichen Codes notieren, aber dennoch die gleiche Information repräsentieren. Aus ihnen können Summen, Kopien oder andere Konstrukte gebildet und abgeleitet werden. Die Kodierung von Daten und dessen Codealphabet können auch als einzelne Zeichen, wie wir sie aus dem Sprachgebrauch kennen, interpretiert werden. Das zusammensetzen von Zeichen, das „Schreiben“ im poststrukturalistischen Sinne, besteht aus „Iterationen" (Verdoppelungen von Silben oder Worten), Wiederholungen und Zitaten. „Jedes Zeichen, sprachlich oder nicht-sprachlich, gesprochen oder geschrieben, in kleinen oder großen Einheiten, kann zitiert werden, zwischen Anführungszeichen gesetzt werden; dabei kann es mit jedem gegebenen Kontext brechen und eine Unendlichkeit neuer Kontexte auf eine Art und Weise hervorbringen, die absolut unendlich ist.“ [3]
Diese Unendlichkeit von Zitiermöglichkeiten von in Daten gespeicherter Information greift das Potenzial auf, mit welchem sich die Projektrecherche beschäftigt. Wir bezogen uns auf die digitalisierte Choreographie als unseren Datencorpus und griffen die Funktionsweise von Daten, ihre unterschiedlichen Darstellungsmöglichkeiten von Information und dessen Spielräume zur Kommunikations- und Interpretationsfähigkeit auf und versuchten den Körper selbst als 'Datenspeicher' und Prozessor zu verstehen.
Vorgang des Prozessierens
Der Übersetzungsprozess – die 45-minütigen Duett-Choreographie Will I dream during the process? zu digitalisieren und sie im Anschluss anhand von Digital Frames weiter zu modifizieren – greift dabei auf die Grundfunktion des Digitalen zurück: dem Übertragen, Speichern und Prozessieren. Der Umweg über das Digitale ermöglicht es, die Infinität von Zirkulation und Restrukturierungsmöglichkeiten aufzufalten. Der Bildschirm wird zur Spielwiese, zum generativen Kreislauf von Destruktion, Modifikation und Neukonstruktion. Im Spiel mit dem Datensatz wird die Struktur und Anordnung des Datensatzes unterlaufen, ihr Rahmen und damit die etablierte Ordnung der Dinge wird aufgelöst. Damit nutzt die Projektrecherche die Potenzialität und Gestaltungsmöglichkeiten des Digitalen, um diese danach zurück in den analogen Raum zu bringen. Die Nutzungsmöglichkeiten, Techniken und daraus resultierenden Ästhetiken spiegeln sich dabei in der künstlerischen Umsetzung wider.
Das Prinzip der Traduktion
Das Wort tradieren leitet sich aus dem lateinischen trādere – von Hand zu Hand, mündlich oder schriftlich weitergeben, übereignen, überliefern, aufzeichnen ab. Die Etymologie des Wortes trādere entlehnt sich von Tradition -Überlieferung, Herkommen, Gewohnheit, Brauch, Gepflogenheit, überkommene, weitergegebene Meinung. Tradieren bedeutet also das Überliefern, etwas Überliefertes weiterführen und weitergeben.[4] Das Prinzip der Traduktion beschreibt dabei eine Weitergabe von Material, die aber immer auch eine Neukombination und Anreicherung desselben bedeutet und nie nur ein "einfaches" Weiterreichen ohne Veränderungen beschreibt und für unseren kollektiven Kreationsprozess genutzt wird.
Methodisch-choreographische Umsetzung
Die Koordinaten der erstellten Daten – sie drücken Aspekte wie die räumliche Lage, die Bewegung der einzelnen Körperteile, ihre Geschwindigkeit und ihren Rhythmus aus – dienen als Eckpfeiler für die Rück-Übersetzung und Entstehung des neuen tänzerischen Materials. Spannend dabei ist zu sehen, wie sich das choreographische Material von „Will I dream during the Process?“ zuerst in aufgezeichnete digitalen Daten übersetzt hat und im nächsten Schritt zurück in den analogen Raum übersetzt wird und dadurch neue Formen annimmt. Dabei konnte ich zum einen erkennen wie sich Strukturen der 'ursprünglichen' Choreographie durch die Übersetzungsprozesses zwar morphen, dabei aber immer noch wiedererkennbar sind. Jedoch auf der anderen Seite wurden die Daten auf so abstrakte Weise wieder in den analogen Körper übersetzt, das sich völlig neues choreographisches Material daraus generieren lies.
Durch Collagierung von einzelnen Datensätzen, beispielsweise einer Collage aus unterschiedlichen Szenen ein und derselben Datenaufzeichnung, wie die Neigung der Wirbelsäule oder der Bewegung der Füße, konnten sich neue choreographische Strukturen ergeben. Das Beispiel unten zeigt eine solche Collagierung:
Oder durch die Methode des digitale Heran- & Herauszoomen oder Verdrehungen von Datensatzfragmenten, wodurch andere Digital Frames entstanden, die neue Einblicke in das Material ermöglichten und demzufolge weiter abstrahiertes choreographisches Material generiert werden konnte.
Durch weitere Modifikationen des Datenmaterials in Form von Tools, die sich aus digitalen Methoden speisen – wie des Stop & go; slow motion; fast forward/backward; Loops & GIFs – konnte das choreographische Material weiter verfremdet werden. Wie zum Beispiel in den Videos unten zu sehen ist, die den gesamten Körper in Form einer Blase, die ihn umhüllt darstellt. Diese entsteht, indem alle aufgezeichneten Punkte des Körpers (z. B. Hände, Füße, Knie, Schultern usw.) mit einer virtuellen "Haut" überzogen werden. Das Video links zeigt die 'original' Geschwindigkeit der Datenaufzeichnung, das Video rechts dasselbe in fast forward, was sich in der Rückübersetzung völlig anders interpretieren lässt.
Durch weitere Modifikationen des Datenmaterials in Form von Tools, die sich aus digitalen Methoden speisen – wie des Stop & go; slow motion; fast forward/backward; Loops & GIFs – konnte das choreographische Material weiter verfremdet werden. Wie zum Beispiel in den Videos unten zu sehen ist, die den gesamten Körper in Form einer Blase, die ihn umhüllt darstellt. Diese entsteht, indem alle aufgezeichneten Punkte des Körpers (z. B. Hände, Füße, Knie, Schultern usw.) mit einer virtuellen "Haut" überzogen werden. Das Video links zeigt die 'original' Geschwindigkeit der Datenaufzeichnung, das Video rechts dasselbe in fast forward, was sich in der Rückübersetzung völlig anders interpretieren lässt.
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Die Möglichkeiten der Modifikation und Traduktion erscheinen damit schier unendlich. Die Modifikation kann wiederum selbst modifiziert werden. Somit zeigen die immer weitergehenden Modifikationsschleifen des Originals unendliche Möglichkeiten auf und schaffen Heterotopien ein und desselben Materials. Denn, wie der Medientheoretiker Roman Marek in seinem Buch Understanding YouTube schreibt, entsteht so „ein in die Zirkulation-geraten-sein des Materials” [5]. Was uns nicht nur erkennen lässt, dass es eine unendliche Möglichkeit zur Wieder- und Weitergabe gibt, sondern auch zur aktiven Teilhabe an diesen zirkulären Prozessen. Eine Zirkulation, die erst in Gang kommen kann, wenn klar ist, dass die Bearbeitung nicht als etwas Endgültiges stehen bleiben wird, keinen Übersetzungsprozess von A nach B beschreibt, sondern immerfort weitergeführt wird. Es ist ein Prozess der Auswahl, Anreicherung, Neukombination und Modifikation des im Umlauf befindlichen Ideenmaterials.
So wie es Roman Marek beschreibt „geht es bei der Zirkulation nicht unbedingt um Reziprozität, und schon gar nicht um die bloße Weitergabe, sondern die Zirkulation wirkt sich auch auf das zirkulierende Material selbst aus" [6] . Er beschreibt weiter, dass es ein Gleichsam destruktiver wie kreativer Prozess ist [7] und damit eine Gleichzeitigkeit von Zerbrechen und Bewahrung entsteht [8]. Das Kunstwerk wird erst durch Zerstörung wieder in Gebrauch, wieder in Zirkulation gebracht [9]. Die kleine Bruchstelle (in der Wiederhohlung mit Variation) ermöglicht aber nicht nur die Freiheit des Individuums, sondern auch das Entstehen von nicht gesteuerten, unvorhersehbaren Prozessen [10].
Ausgangspunkt & Ziel
Die Wiederholung mit Differenz bietet mehr als einfache Reproduktion, sie hat das Potenzial zur Schaffung von Neuem, zur Erfindung. Jede Wiederholung beinhaltet einen Rest des ihr vorgelagerten Prozesses (möglicherweise mit Bestandteilen des Originals) sowie einen Anteil an Neuheit. In diesem steckt ihr kreatives Potenzial – Die Erfindung als (re-)kombinierende Wiederholung.
Die Erfindung kreiert damit nicht nur neue "Objekte", sondern auch neue Arten des Sehens und Wahrnehmens. Außerdem verknüpft sie bisher Nicht-Zusammengehörendes. Der Datensatz Katalog wird zum Ausgangsmaterial. Er wird de-konstruiert, auseinandergenommen und wieder neu-verknüpft. Er kann von Künstler*innen unterschiedlicher Medien transkribiert, von Hand zu Hand gereicht, modifiziert und in neuen Formen abgebildet werden, die sich in einem kollaborativen Prozess neu zu einander collagieren.
Diese künstlerische Arbeitsmethode inspiriert neue Produktionsprozesse und Präsentationsformen ein und desselben Ausgangsmaterials. Das Tradieren, Weiterreichen, Weiterstricken, De- & Rekonstruieren, Collagieren, Übersetzung von einem Medium ins andere erzeugt Perspektivwechsel. Die De- & Rekonstruktion des Datensatzes spiegeln die Möglichkeiten der Re-arrangierung des Status quo wieder. Damit werden der etablierten Aufteilung und Ordnung der Dinge, der Idee des Master Narratives fragmentierte vielfarbige Stimmen entgegen gesetzt.
[1] „reinterpretable representation of information in a formalized manner suitable for communication, interpretation, or processing“ – Terminologie gemäß des internationalen Technologiestandards zur Informationstechnik ISO/IEC 2382-2015 vom 1.Mai 2015. Letzter Zugriff: 08.11.2021, https://www.iso.org/obp/ui/#iso:std:iso-iec:2382:ed-1:v1:en
[2] Schur, Nico B. (2020): Die Lizenzierung von Daten. Einordnung, Grenzen und Möglichkeiten von vertraglichen Zugangs- und Datennutzungsrechten in der digitalen Ökonomie, Heidelberg: Mohr Siebeck, S.18.
[3] Derrida, Jaques (1971): "Signatur Ereignis Kontext", in: Engelmann, Peter (Hg.): Randgänge der Philosophie, Wien: 21999, S. 329.
[4] Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache, Letzter Zugriff: 08.11.2021, https://www.dwds.de/wb/etymwb/tradieren
[5] Marek, Roman (2013): Understanding Youtube. Über die Faszination eines Mediums, Bielefeld: transcript, S.42.
[6] Ebd. S. 71
[7] Ebd. S.14
[8] Ebd. S.192
[9] Ebd. S.166
[10] Ebd. S.139
Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.